Derr Renaissanceumbau unter Johann Friedrich

Derr Renaissanceumbau unter Johann Friedrich (zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts)

Der Renaissancekomplex des Herzogsschlosses entstand im Zuge eines großzügigen Umbaus in den Siebziger- und Achtzigerjahren des 16. Jahrhunderts unter Herzog Johann Friedrich. Damals wurde ein Teil der älteren Gebäude abgetragen: das „Steinerne Haus“ und die mittelalterliche Ottenkirche. In den Jahren 1575–1577 entstand an ihrer Stelle der neue Nordflügel des Schlosses mit den Gemächern des Herzogs und der Herzogin sowie die neue Schlosskirche mit dem Glockenturm. Anschließend wurde der neue Flügel mit den bereits bestehenden Gebäuden aus den Zeiten Bogislaws X. und Barnims XI. verbunden, die somit zum Ost- und Südflügel der neuen Schlossanlage wurden. In den Achtzigerjahren des 16. Jahrhunderts kam der Westflügel hinzu (mit einem Turm für das Treppenhaus), der nun den weitläufigen rechteckigen Innenhof abschloss. Die Paradeeinfahrt zum Schloss führte von Süden her über die heutige Grodzka-Straße und war mit einer Errichtungstafel mit dem Datum 1576, den herzoglichen Wappen und der Titulatur Johann Friedrichs versehen (nicht erhalten). Die gesamte Anlage wurde von italienischen Baumeistern nach Plänen des Architekten Wilhelm Zacharias erbaut. Die dreigeschossigen Schlossflügel wurden vereinheitlicht und mit Stilelementen der italienischen Renaissance versehen. Die glatten Wände mit ihren rhythmisch gesetzten Öffnungen waren von einer Attika aus Voluten und Zapfen versehen, hinter der sich die flachen, teilweise als Terrassen genutzten Dächer verbargen. Die Attika, die Fensterumrahmungen und die dekorativen Portale waren aus hellem Sandstein (aus dem sächsischen Pirna), der mit dem dunkleren Wandverputz kontrastierte. Der rechteckige Innenhof war mit Laubengängen umgeben. Die Wohnräume des Nordflügels erhielten Gewölbe, die sich auf in der Raummitte verlaufende oktogonale Pfeiler stützten. Zu den Obergeschossen führte ein großes doppelläufiges Treppenhaus in der Mitte des Flügels, dem ersten derartigen in Pommern. Die daneben befindliche überwölbte Diele trennte den Wohnbereich von der neuen Ottenkirche. Nur der ältere und höhere Südflügel (das ehemalige „Große Haus“) zeichnete sich durch stilistische Eigenständigkeit aus, zu der die spätgotischen Maßwerkgiebel und die herrlichen Innenräume mit ihren Netzgewölben und Balkendecken beitrugen.

Die neue Ottenkirche, von außen verschmolzen mit dem Baukörper des Schlosses und lediglich durch den hohen Glockenturm akzentuiert, erhielt die Form eines großen Saal unter einem Tonnengewölbe mit Stichkappen, umrahmt mit zweigeschossigen Emporen. Die Wände, die Emporen und das Gewölbe waren wahrscheinlich mit farbigen Malereien versehen, über die allerdings nichts Näheres bekannt ist. Gemäß ihrem Rang hatte die Kirche eine künstlerische hochwertige Ausstattung, zu der sowohl speziell für sie geschaffene Werke gehörten – der prächtige Flügelaltar von Giovanni Battista Perini, die mit Malereien geschmückte Kanzel, das Taufbecken aus Sandstein und die Orgel – als auch wertvolle Gegenstände aus der alten Ottenkirche. Auch die mittelalterliche Krypta des alten Gotteshauses wurde mit der neuen Schlosskirche verbunden und diente weiterhin als herzogliche Grablege.

Das Stettiner Schloss wurde auf diese Weise zu einer monumentalen Renaissanceresidenz, der großartigsten im ganzen Herzogtum Pommern.