Umgestaltungen des Schlosses in preußischer und deutscher Zeit

Umgestaltungen des Schlosses in preußischer und deutscher Zeit (1720–1945)

Im Jahr 1720 geriet kraft des Friedens von Stockholm der schwedische Teil des ehemaligen Herzogtums Pommern mit Stettin unter preußische Herrschaft. Das ehemalige Herzogsschloss war nun nur noch eines von vielen Schlössern in Preußen (und später Deutschland). Während der über zweihundert Jahre währenden preußischen und deutschen Herrschaft (1720–1945) erfuhr es wechselhafte Geschicke, die in beträchtlichem Maße sein Aussehen veränderten. Drei Schlossflügel waren bis zum Ersten Weltkrieg Sitz zahlreicher Behörden, deren Bedürfnisse mehrere Umbauten erforderten, sowohl des Baukörpers als auch der Anlage und des Aussehens der Innenräume. Diese beraubten das Schloss der charakteristischen Stilelemente der Spätgotik und der Renaissance, auch wenn die Grundform der fünfflügeligen Anlage erhalten blieb. Bis 1944 überdauerte in unveränderter Form auch die Schlosskirche mit zahlreichen Elementen ihrer originalen Ausstattung und diente weiterhin sakralen Zwecken. Zu Beginn der preußischen Herrschaft wurde der Südflügel zu einem Arsenal umgebaut. Bei der Aufstockung wurden die Renaissanceattiken entfernt und ein Mansardendach aufgesetzt. Auch die Arkaden des Innenhofs und das alte Eingangstor zum Großen Innenhof wurden liquidiert. An dessen Stelle entstand eine neue Mauer, die gemäß der neuen Bestimmung des Gebäudes mit Panoplien (dekorativen Kompositionen aus Elementen von Rüstungen, Schilden, Waffen und Fahnen), geschaffen von dem schlesischen Bildhauer Erhard Löffler, geschmückt war (1735). Die Schlosstürme erhielten neue barocke Hauben. Der Münzflügel wurde um einen Risalit im Stil des preußischen Barocks erweitert genutzt und als Stallung und Gerätehaus für den Bedarf des Kommandanten der Stettiner Festung, des Fürsten Christian August von Anhalt-Zerbst (des Vaters der späteren Zarin von Russland Katharinas II.), der den Westflügel bewohnte. In den Jahren 1769–1840 lebte im Stettiner Schloss Elisabeth von Braunschweig-Wolfenbüttel, die geschiedene Ehefrau des preußischen Thronfolgers Friedrich Wilhelm (des späteren Königs Friedrich Wilhelms II.). Während der siebzig Jahre ihrer Verbannung bewohnte sie Gemächer im Ostflügel. Sie starb in Stettin und wurde in der Krypta der Schlosskirche bestattet. Sie war die letzte, die in der ehemaligen herzoglichen Grablege ihre letzte Ruhestätte fand.

Während der gesamten Zeit der Herrschaft der preußischen Könige und deutschen Kaiser in Pommern diente das Schloss als deren Residenz in Stettin. 1840 wurden die königlichen Gemächer im Nordflügel auf Geheiß von Friedrich Wilhelm IV. umgestaltet. Dieser Flügel wurde aufgestockt, wobei die Renaissance-Attika beseitigt wurde. Außerdem wurden die auf der Hofseite noch erhaltenen Arkaden liquidiert. Dafür errichtete man ein Treppenhaus mit einer verglasten Galerie und einem Abstieg zu den Schlossgärten im ehemaligen Wassergraben. Schließlich wurde an der Ecke des Nord- und des Ostflügels ein hoher hexagonaler neugotischer Aussichtsturm errichtet. Durch diese Baumaßnahmen verlor der ehemalige Sitz der Greifenherzöge großenteils seine Renaissancegestalt. Von der Stadt und der Oder her gesehen präsentierte sich das Schloss jetzt im Einklang mit dem romantischen Zeitgeschmack als mächtige mittelalterliche Burganlage.

Im frühen 20. Jahrhundert wurden in Zusammenhang mit neuen Gedanken in der Denkmalpflege und wissenschaftlichen Untersuchungen über die Geschichte der Greifen, Bemühungen angestrengt, dem ehemaligen Sitz der Pommernherzöge seinen alten Glanz zurückzuverleihen. Allerdings wurden keine umfangreicheren Konservierungsarbeiten unternommen, sondern man beschränkte sich lediglich auf Einzelmaßnahmen an bestimmten Gebäudeteilen und Innenräumen. Im Jahr 1900 verließen das Schloss zahlreiche bislang dort untergebrachte Behörden, sodass viele Räume ungenutzt standen. Die größte Konservierungsmaßnahme betraf die Schlosskirche. In den 1908–1909 wurde eine Renovierung vorgenommen, bei der die Wände und Gewölbe mit einer von dem Berliner Maler Paul Kutschmann entworfenen historisierenden Wandmalerei im Stil der Neurenaissance mit architektonischen und ornamentalen Motiven bedeckt wurde.