Philipp II., Elhard Lubinius
und die große Landkarte des Herzogtums Pommern
1610 beauftragte Herzog Philipp II. Professor Eilhard Lubinus (auf dem
Stich) mit der Anfertigung der Landkarte Westpommerns. Es war ein außerordentlich
großes Vorhaben, denn zu dieser Zeit gab es noch keine genauen Landkarten
des Herzogtums und die bestehenden kartographischen Bearbeitungen enthielten
zahlreiche Fehler. Deswegen ging das Werk als Krönung der Zusammenarbeit
der beiden hervorragenden Männer in die Geschichte von Westpommern ein.
Philipp II. auch der Fromme genannt, Sohn des Bogislaw XIII. und Klara
von Braunschweig, kam am 28.07.1573 in Franzburg zur Welt. (E. Rymar,
Bd. II, S. 191). Seit seinen jüngsten Jahren zeigte er enormes Interesse
sowohl an Kunst als auch an Literatur. Diese Leidenschaft wurde von seinen
Lehrern, Gervazius und Martin Marstaller entwickelt. Philipp war ein guter
und intelligenter Schüler, wovon seine folgende Aussage zeugen kann: "Für
mich ist das größte Vergnügen, gute, ausgewählte Bücher zu lesen, Gemälde
hervorragender Meister sowie verschiedenartige Münzen zu sammeln. Aus
ihnen lerne ich, edler zu werden, um dadurch der Gesellschaft besser zu
dienen".
Der Vater von Philipp hat an Geldern für die Ausbildung seines erstgeborenen
Sohnes nicht gespart. Gerne schickte er ihn auf Auslandsreisen. Von diesen
Reisen brachte Philipp viele Stücke mit. Die Sammlung, vorwiegend aus
Gemälden bestehend, begann er im Alter von 12 Jahren zusammenzustellen.
Als er 17 Jahre alt wurde, kam sein Werk mit dem lateinischen Namen "Oratio
de duarum naturarum necessitate" zur Veröffentlichung. Kurz danach
bekam er vom Herzog von Braunschweig und Lüneburg die Einladung, nach
Rostock um zu studieren, wo er am 30. April 1594 die Titularwürde vom
Rektoren der Akademie erhielt (Z. Boras, S. 258-259).
Im Alter von 22 Jahren begab er sich auf eine große Reise, die auf sein
späteres Leben einen enormen Einfluss ausübte sowie die Richtung seiner
Sammelleidenschaft bestimmte. Zunächst, am 15 Oktober 1595, führte ihn
die Reise nach Italien und Frankreich. Er reiste unter dem angenommenen
Namen Christianus von Sehe. Die Zahl der von ihm besuchten Länder und
Städte war beeindruckend: Sachsen, Thüringen, Franken, Venedig, Neapel,
Rom, Florenz, Elsass, Lothringen und Prag. Nach zwei Jahren seiner Reise
kehrte er über Schlesien und Sachsen zurück. Es war weder die erste noch
die letzte Reise des Herzogs. Von jeder brachte er neue Erfahrungen mit.
Er war ein ausgezeichneter Beobachter. Ihn interessierten Staatssysteme,
Bräuche und Kunst. Er nahm an zahlreichen Diskussionen teil, kannte viele
Sprachen, lernte interessante Menschen kennen. Jene Bekanntschaften brachten
oft neue Sammelstücke mit. Für Porträts der Pommerschen Herzöge erhielt
er vom Szczeciner Museum im Gegenzug solche Bilder, wie Porträts von Karl
dem Großen oder Friedrich Barbarossa (Z. Boras, S. 258-262).
Im Alter von 33 Jahren übernahm Philipp II. die Nachfolge nach seinem
Vater, das Herzogtum Szczecin, und teilte die Macht mit seinen Brüdern.
Die älteren Brüder, Bogislaw XIV. und Ulrich erhielten den Kreis Rügenwalde
(Dar³owo). Der jüngere Franz I. erhielt das Bistum. Der jüngste Georg
I. blieb weiterhin unter der Obhut von Philipp. Zur Erinnerung an das
Ereignis ließ der Herzog eine Sondergedenkmedaille schlagen.
Philipp II. (auf dem Stich) war ein aufgeklärter Mensch. In seiner Bibliothek
befanden sich zahlreiche geografische Arbeiten, deswegen war es dem Herzog
bewusst, wie hilfreich eine Landkarte des ganzen Gebietes beim Regieren
sein könnte, zumal wenn sie die detaillierte Beschreibung des gesamten
Herzogtums umfassen würde. Aus diesen Gründen kam er auf die Idee, eine
Chronik samt Landkarte erstellen zu lassen. Es ist anzumerken, dass in
der ursprünglichen Phase die Chronik als das Hauptwerk gedacht war. Die
beigefügten Landkarten und Stiche sollten lediglich als Bereicherung des
Inhalts fungieren. Mit der Verfassung der Chronik beauftragte er seinen
Hofberater, Jurga Valentin von Winter. Die Landkarte sollte von dem vorher
genannten Lubinus erstellt werden.
Jurga Valentin Winter ist am 5. November 1578 in Treptow a. d. Rega (Trzebiatów)
geboren. Sein Vater war Bürgermeister. Winter macht seine Ausbildung zunächst
im Greisfwalder Gymnasium, dann in Lübeck und im Jahre 1597 beginnt er
sein Studium an der Universität Rostock. Zum späteren Zeitpunkt nimmt
er in Rostock das Jurastudium auf. Darüber hinaus unternimmt er zahlreiche
Reisen, die mit seinem Studium zusammenhängen, um 1602 endlich die Habilitation
zu erhalten. Danach fängt er seine Arbeit als Jurist an. Auf seinem Weg
liegen zahlreiche Titel und Reisen. Der Reihe nach erhält er die Würde
des Ratsherrn und Doktoren der Wissenschaften. Er war Betreuer Herzogs
Georg während seiner Italienreise (M.Stelmach, Eilhardus Lubinus, S. 38).
Das Werk, das Dank der Zusammenwirkung dieser beiden hervorragenden Männer
entstehen sollte, hatte den Titel "Pomeranographie". Es entstand
mit dem Ziel, das Wissen über das Herzogtum ebenfalls im Ausland zu verbreiten.
Es wurde in Latein geschrieben. Während seiner Arbeit benutzte Winter
unter anderem die Bibliothek und Archive des Herzogs Philipp II. Die ersten
Schritte unternahm er bereits 1613.
Das Werk sollte aus vier Teilen bestehen. Der erste Teil sollte die Beschreibung
des Landes, der Volksbräuche, Kloster, Schulen sowie Herzogtümer und Grafschaften
umfassen. Im zweiten Teil sollte die Familiengeschichte des herzoglichen
Geschlechts beschrieben werden und der dritte Band sollte zu einem Wappenbuch
des pommerschen Adels werden. Im letzten, vierten Teil sollten die pommerschen
Städte behandelt werden.
Leider ist das Werk wegen des Todes des Autoren am 16. März 1623 nicht
vollendet worden. Aus diesem anfangs sehr umfassend angelegten Projekt
sind leider nur Fragmente in Gestalt der Abschriften überliefert worden.
Lediglich ein Teil des Textes über das Camminer Bistum wurde 1718 von
Ludewig II. im Band Scriptoreres rerum Germanicorum veröffentlicht. Die
anderen Handschriften sind in großem Teil verlorengegangen (A.Sidorczuk,
Philipp II der Greif, Szczecin 2002, S.65-85. Magisterarbeit, Bibliothek
der Szczeciner Universität. Nr. der Arbeit 1126).
Brief von E. Lubinus an Herzog Philipp II. bezüglich
der Landkarte des Herzogtums Pommern,vom 15. Juli 1612 (Sammlung des Staatsarchivs in Szczecin)
Viel mehr Glück hatten die Arbeiten an der Landkarte des Herzogtums,
welche von Eilhardus Lubinus unternommen wurden. Er wurde am 23. März
1565 in Wersterstede bei Oldenburg in der Familie des örtlichen Pastoren
geboren. In den Jahren 1588-1594 studierte er in Rostock und bereits 1595
wurde zum Professor an dieser Hochschule. Er verfügte über hohe mathematische
Begabung, interessierte sich für Geografie obwohl er am Anfang seiner
wissenschaftlichen Karriere sich hauptsächlich mit Dichtung und Theologie
beschäftigt hatte. Er gab die Werke der altertümlichen Autoren, wie Anakreon,
Horaz oder Hippokrates heraus. Sein Griechischwörterbuch "Lexicon
Clavis Graecae linque" zählte beachtliche 11 Auflagen. Er starb am
2. Juni 1621 in Rostock, wo er in der Jakobikirche aufgebahrt wurde.
Die Landkarte von Rügen war das erste kartographische Werk von Lubinus.
Sie wurde dem Wolgaster Herzog Philipp Julius gewidmet und im Amsterdamer
Haus von Jodocus Hondius gestochen. Sie wurde ebenfalls 1609 im Atlas
von Merkator/Hondius " L'Atlas ou Mediationes cosmogrphiques"
veröffentlicht.
Bei der Erstellung dieser Landkarte nahm Lubinus eine Reihe von astronomischen,
Entfernungs- und Winkelmessungen mit Hilfe von sehr einfachen Messinstrumenten
vor. Diese Handlungen ermöglichten ihm die Anfertigung einer äußerst präzisen
Zeichnung sowie die Platzierung von zahlreichen bisher unbekannten Details.
Auf der Landkarte wurden 475 Orte, darunter 445 auf der Insel markiert.
Es tauchten dort die lokalen Ortsnamen und Wappen des Rügener Adels sowie
Wappen der Rügener und Pommerscher Herzogtümer. Die Landkarte wurde mit
den Abbildungen der vier Meereskreaturen, zwei Galeonen und zwei Windrosen
verziert. Die Landkarte von Rügen wurde beinahe 150 Jahre lang zur Anfertigung
weiterer Landkarten der Insel genutzt (M. Stelmach, Eilhardus Lubinus,
S. 35-38).
Ihr Autor gewann Anerkennung nicht nur bei seinem Förderer, Herzog Philipp
Julius aus Wolgast sondern auch bei Philipp II., der bei ihm 1610 die
Landkarte des ganzen Herzogtums bestellte. Wie vorher angesprochen, fingen
die Arbeiten an der Landkarte mit genauen Studien der Literatur und des
bisherigen kartographischen Gutes an. Als Ergebnis dieser Vorgehensweise
entstand in der Zeit 1611-1612 eine 123-seitige Handschrift. Dank ihr
konnte Lubinus die Arbeiten auf dem Gelände ziemlich schnell durchführen.
Alle Beamten waren verpflichtet, ihm zu helfen. Seine Reise begann von
den Verwaltungen der Güter Bardo und Tribsees. Er nutzte zum Teil seine
Erfahrungen aus der Zeit als er Materialien für die Landkarte Rügens gesammelt
hatte. In jener Periode dachte man jedoch über einen kleinen Landkartenformat
als Ergänzung für die Atlasveröffentlichung.
Des weiteren begab sich der Wissenschaftler in Richtung Kolbatz (Ko³bacz).
Es muss hier unterstrichen werden, dass Lubinus mit sehr primitiven Messgeräten
gearbeitet hatte. Es waren u. a. ein Astrolabium zur Winkelmessung am
Himmel, ein Jakobsstab zur Messung von unerreichbaren Plätzen und ihrer
Entfernung sowie vom Jerzy Purbach (1423-1462) erfundenes geometrisches
Quadrat zu Winkel- und Höhemessungen.
Während der Arbeiten an der Landkarte reiste Lubinus zwei Mal um Westpommern.
Die Arbeiten auf dem Gelände dauerten nur acht Wochen. In 54 besuchte
Lubinus 152 Orte und durchreiste ca. 1500 km. Während seiner Reise fertigte
er zahlreiche Zeichnungen, Notizen, Berechnungen an, studierte die bestehenden
Landkarten dieser Gebiete, darunter die vom herzoglichen Verwalter, Daniel
Frobose, angefertigte Landkarte.
Im
Jahr 1614 wurde vorgeschlagen, die Landkarte mit den Ansichten der Städte,
Wappen und Herzöge auszustatten. Dies war im ganzen Vorhaben am schwersten
umzusetzen.
Man schrieb Städte und Verwalter an mit der Bitte, die Ansichten zur
Verfügung zu stellen. Der Maler Johann Wolfart wurde mit Anfertigung der
Ansichten von folgenden Städten beauftragt: Stettin (Szczecin), Stargard
(Stargard Szczeciñski), Stolp (S³upsk), Treptow a. d. Rega (Trzebiatów),
Greifenberg (Gryfice), Gartz/O, Schlawe (S³awno), Belgard (Bia³ogard),
Cammin (Kamieñ Pomorski), Wolin, Pyritz (Pyrzyce), Goilnow (Goleniów),
Altdamm (D±bie), Neustettin (Szczecinek), Lauenburg (Lêbork), Kolberg
(Ko³obrzeg), Köslin (Koszalin), Rügenwalde (Dar³owo) und Bütow (Bytów).
Leider konnten die Autoren der übrigen Ansichten nicht eindeutig ermittelt
werden. Eine Tatsache konnte zumindest festgestellt werden, dass sie zwischen
1614 und 1617 entstanden sind. Noch mehr Probleme bereiteten die Wappen
der adligen Familien. Sie resultierten vorwiegend aus der Säumigkeit der
Familien, an die Mahnungen und Bitten geschickt wurden. Letztendlich konnten
21 von ihnen nicht erfasst werden. Ein Teil der Informationen fand man
im Wappenbuch von Conradi. Im August 1617 begab sich Lubinus auf seine
letzte Pommernreise, um eventuelle Nachbesserungen vorzunehmen.
Lubinus erstellte seine Landkarte letztendlich in sehr großem Format
1,25 x 2,21 m, in der Skala 1:235000. Sie war eine hervorragende kartographische
Leistung, die präziseste Landkarte Deutschlands, die mit Nutzung aller
damals zugänglichen kartographischen Errungenschaften erstellt wurde.
Sie umfasste eine große Anzahl an Details und topografischen Elementen,
wie Buchten, Wälder, Anhöhen, Flüsse, Städte, Dörfer sowie solche Einzelheiten
wie Wirtshäuser und Mühlen. Die Landkarte hat große künstlerische und
historische Bedeutung. Sie beinhaltet den Stammbaum des Greifengeschlechts
sowie Porträts der fünf letzten Pommerschen Herzöge. Die gesamte Landkarte
wird von einem breiten Band mit Wappen des Adels, Städten-, Schlössern-
und Klosteransichten in Pommern verziert.
Ausschnitt der Großen Landkarte des Herzogtums Pommern
Ende 1617 wurden die Kupfersticharbeiten aufgenommen. Sie wurden vom
Nikolaus Geelkercken, einem im Amsterdamer Haus von Jodocus Hondius II.
beschäftigten Stecher, durchgeführt. Jede der 12 gestochenen Platten mit
der Landkarte wog 6 Pfund. Leider verstarb Philipp II. am 3. Februar 1618
ohne das eigens geförderte Werk gesehen zu haben. Die erste Auflage betrug
lediglich 20-30 Exemplare (Z. Boras, S. 280-283).
Die Kupferstichplatten zu der ersten Auflage 1618 sind im 30-jährigen
Krieg verloren gegangen (1618-1648). Zu ihrem zufälligen Wiederfinden
Mitte 18. Jh. trug Szczeciner Historiker Karol Konrad Oelrichs bei, der
sie im Dachgeschoss der Witwe nach dem Bürgermeister Sander auffand. Johann
Jakub Weibrecht kaufte sie von ihr. Er übergab sie nach Hamburg, wo 1758
einige weiteren Exemplare herausgegeben wurden. In dieser Ausgabe im Unterschied
zu der ersten wurden die Grenzen bunt markiert. Die Platten sind leider
während des 7-jährigen Krieges zum zweiten Mal verlorengegangen.
Weitere Abbildungen wurden 1926 als Faksimile veröffentlicht worden.
Ähnlich wie die früheren Auflagen ist auch diese nur in wenigen Exemplaren
erhalten geblieben. Der nächste Druck der Großen Landkarte Pommerns von
E. Lubinus erfolgte erst im Jahre 1980. Die folgenden Fassungen der Karte
in der Faksimileform wurden 1989, 1990 und 1999 gedruckt (M.Stelmach,
Eilhardus Lubinus, S. 53-54).
Bearbeitet von: Magdalena Kamiñska
Lesenswertes:
Boras Z., Gryfici. Ksi±¿êta Pomorza Zachodniego, Poznañ 1996.
Sidorczuk A., Filip II Gryfita, Szczecin 1999,praca magisterska,
biblioteka U.S. nr. pr. 1126.
Stelmach M., Eilhardus Lubinus i jego wielka mapa Ksiêstwa Pomorskiego,
Szczecin 2001.
Stelmach M., Historia kartografii Pomorza Zachodniego do koñca XVIII
wieku, Szczecin 1991.
Rymar E., Rodowód ksi±¿±t pomorskich, Szczecin 1995. ¬ród³a do dziejów Pomorza Zachodniego, tom IX, Filipa Hainhofera dziennik
podró¿y zawieraj±cy obrazki z Frankonii, Saksonii, Marchii Brandenburskiej
i Pomorza w Roku 1617, t³umaczenie Krzysztof Go³da, Szczecin 2000.